Mondschein [Prosa]

Abends; – abends lachten die Wälder. Rotes Lachen. Die jungen Bäume liebten sich. Der Osten glänzte schwarz. Der Mond schritt durch des Ostens Dunkelheit. Weit umher verlor er Licht. Die Nebel leuchteten hinter ihm.
Alle Ställe schwammen auf und das Gutshaus und der Park. Die Blumen beunruhigten sich. Des Frühlings jüngstes Gericht war da.
Die Tür des Parkes stand auf. – Wie viele es waren! Junge Stuten schritten hinein. Eine Hellbraune, zweijährig und schon erwachsen, als letzte. Die Pforte lief hinterher in das Schloß.
Die jungen Pferde waren erregt. Sie besprangen einander, sehnsüchtig, begattet zu sein. Ihre Nüstern waren Blüten, die atmeten. Aber ihre schönen Köpfe waren entstellt. Die Krankheit der Wollust, die den Schädel aufbläht und fleischig macht.
Die hellbraune Stute aus dem Tragheimer Gestüt, mit kleinen Ohren und schwarzem, geflochtenem Schweif, lag in einem Beet. Ihre Hufe waren verborgen von den Narzissen. Sie wuchs auf ihren Hüften gleich einer sitzenden Frau. Ihr brauner Hals floß in die Blumen. Ihr Gesicht war unwillig, als litte es Schmerz. Sie fühlte ihren Leib nackt. Und sie wartete. Schreilos. Wie der Wald den Sturm erwartet.

Erstveröffentlichung:
Die Aktion Bd. 3, Jg. 1913, Nr. 15 (9. April)

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