Friedrichstraßendirnen

Sie liegen immer in den Nebengassen,
Wie Fischerschuten gleich und gleich getakelt,
Vom Blick befühlt und kennerisch bemakelt,
Indes sie sich wie Schwäne schwimmen lassen.

Im Strom der Menge, auf des Fisches Route.
Ein Glatzkopf äugt, ein Rotaug‘ spürt Tortur,
Da schießt ein Grünling vor, hängt an der Schnur
Und schnellt an Deck einer bemalten Schute,

Gespannt von Wollust wie ein Projektil!
Die reißen sie aus ihm wie Eingeweide,
Gleich groben Küchenfrauen ohne viel

Von Sentiment. Dann rüsten sie schon wieder
Den neuen Fang. Sie schnallen sich in Seide
Und steigen ernst mit ihrem Lächeln nieder.

Erstveröffentlichung:
Die Aktion Bd. 3, Jg. 1913, Nr. 33 (16. Aug.) 


The Prostitutes of Friedrichstraße

It’s always side-streets that they linger on.
Rigged out like sister fishing ships, they dress
The same. Discerning glances will assess
Them, as they sport about like swimming swans.

Among the swirling crowds, the fishes’ route.
A bald one ogles them; a sunfish pleads
For S&M; a wide-eyed gudgeon speeds
Ahead; he’s hauled in by a painted boat.

Consumed by flesh, he shoots on deck; he zooms—
A rocket shell! They gut him of his lust,
Like careless kitchen maids who have no room

For sentiment; then, using all their guile,
Cut bait for their next catch. With bodies thrust
In silk, they step down streets with duchess-smiles.

Lyrics by Paul Boldt in English Translation
by Daniel J. Webster


Les prostituées de la Friedrichstraße

Dans les ruelles ammarrées en lignes,
Gabares de pêche également gréées,
Palpées par les regards, expertement jaugées,
Elles se laissent flotter comme des cygnes.

Parmi la foule, banc de poissons
Un chauve lorgne, un gardon souffre son rut,
Soudain un goujon s’élance, mû d’émotion subite,
Sur le pont d’une gabare peinte, il frétille à l’hameçon,

Tendu de volupté comme un projectile !
Mais semblables à des ménagères viles
Elles la lui arrachent comme des tripes

Sans états d’âme. Puis pour la nouvelle proie
Se seignent de fripes de soie,
Et descendent alors avec leur grave sourire.

© 2005-11 Eberhard Scheiffele (Traductions de 22 poèmes de Paul Boldt)

 

Rinder

Verblichnes Grün der Weide deckt
Das Weiß und Schwarz der Herde.
Silhouetten, da und dort gesteckt,
Die Köpfe auf der Erde.

Die Wiese atmete nicht mehr,
Knirrte der Rinder Schlund;
Das Julilicht spritzte umher,
Die Wolken zogen, und

Unten geht ein fleischern Meer
Im grünen Klee spazieren.
Vom Hund umbellt. Zurück. Carrière,
Humpeln von alten Tieren.

Im Grase lagert sich das Blöken.
Dumm scharrt des Stieres Huf.
Die Kälber jagen an den Pflöcken –
Melkmägde schallen voller Ruf.

Erstveröffentlichung:
Die Aktion Bd. 3, Jg. 1913, Nr. 32 (9. Aug.)


Cattle

The herd of black and white besets
The faded meadow green.
Now here, then there, the sillhoettes
Of heads cast shadows on the lea.

The pastures breathed no more. A low
Broke out from every bovine throat;
The July light began to flow,
The clouds commenced to float,

And under them, a fleshy ocean
Strolls on in cloverleaves.
The yapping dog dictates their motion.
Back off, go forward, hobbling ancient beeves.

They low and lie in grass again.
Dumb bulls go shuffling by.
The calves are chased into the pins—
As milkmaids give full-throated cry.

Lyrics by Paul Boldt in English Translation
by Daniel J. Webster

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